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Die KAB in Unterfranken hat im Jahr 2023 eine große Onlinebefragung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Unterfranken durchgeführt. Im Rahmen der Umfrage konnten Fragebögen von 549 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ausgewertet werden. 55,2 Prozent der Teilnehmer waren weiblich, 44,6 Prozent männlich, eine Person war queer. „Bei der Umfrage sind für uns spannende Ergebnisse herausgekommen“, ist der stellvertretende Vorsitzende der KAB in der Diözese Würzburg, Klaus Öttinger, erfreut.

Wie zufrieden sind Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer?
Ein erster Schwerpunkt der Arbeitnehmerumfrage war die gefühlte Zufriedenheit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Dabei bezog sich die Umfrage auf den Arbeitsplatz, das Privatleben und auf das Verhältnis von Arbeit und Privatleben. 139 Teilnehmer/-innen (26,2 Prozent) sind mit ihrer aktuellen Lebenssituation am Arbeitsplatz eher unzufrieden oder sehr unzufrieden. Im Vergleich dazu sind im Privatleben 66 Teilnehmer/-innen (12,0 Prozent) eher unzufrieden oder sehr unzufrieden. Es wird deutlich, dass mehr als doppelt so viele Menschen am Arbeitsplatz eher unzufrieden oder sehr unzufrieden sind, als im Privatleben. Das Delta beträgt 73 Personen (14,2 Prozent).

  Am Arbeitsplatz Im Privatleben Im Verhältnis von Arbeit und Privatleben
Sehr zufrieden 21,0% 34,2% 18,2%
Eher zufrieden 46,8% 52.6% 52,6%
Eher unzufrieden 19,3% 11,1% 20,0%
Sehr unzufrieden 6,9% 0,9% 6,6%

„Wir halten 26,2 Prozent von Menschen, die sich am Arbeitsplatz eher unzufrieden oder sehr unzufrieden fühlen für bedenklich“, stellt Öttinger fest. „Zu prüfen wäre in einer Folgebefragung, ob dies zu einer erhöhten Wechselbereitschaft am Arbeitsplatz führt“, so Öttinger weiter.

Wie hat sich die Lebenssituation durch die aktuellen Krisen (Corona, Ukraine-Krieg, Infaltion...) verändert?

30,8 Prozent sind der Überzeugung, dass sich ihre Situation am Arbeitsplatz negativ verändert hat. 29,2 Prozent sind der Auffassung, dass sich ihre Situation im Privatleben negativ verändert hat.

  Am Arbeitsplatz Im Privatleben Im Verhältnis von Arbeit und Privatleben
Positiv 8,2% 7,1% 10,8%
Neutral 53,9% 60,8% 62,3%
Negativ 30,8% 29,2% 19,3%

In zahlreichen Zitaten von Befragten wird deutlich, wie gravierend die Veränderungen der letzten Jahre für die Menschen waren und sind:

„Durch Corona arbeite ich mehr im Homeoffice. Dadurch spare ich die tägliche Pendelei zum Arbeitsplatz. Gleichzeitig habe ich daheim ein tobendes Kind, dass meine Konzentration stört.“

„Alles ist teuer. Lebensmittel, Benzin, Versicherungen, Strom, Gas. Die Wohnung ist kalt. Am Arbeitsplatz ist es kalt (19 Grad). In den Medien hört man immer nur steigende Kosten. Ich habe nach einer Gehaltserhöhung gefragt, die wurde gleich abgelehnt. Man macht sich große Gedanken. Große Angst wie es weitergeht.“

„Irgendwie sind die Menschen hektischer und gereizter geworden. Wenn man Probleme im Land anspricht, dann sind Menschen nicht mehr so offen - so nach dem Motto, ach lass mich in Ruhe, ich habe genug mit mir zu tun und die da oben machen doch eh was sie wollen.“

Digitalisierung der Arbeitswelt
Ein zweiter Schwerpunkt der großen Arbeitnehmerumfrage lag im Bereich Digitalisierung der Arbeitswelt. 46,1 Prozent bewerten die zunehmende Digitalisierung am Arbeitsplatz positiv. Dem gegenüber stehen 18,9 Prozent, die der zunehmenden Digitalisierung am Arbeitsplatz negativ gegenüber stehen. Im Privatleben wird die zunehmende Digitalisierung mit 34,6 Prozent weniger positiv bewertet. 23,3 Prozent sehen die Entwicklungen negativ.

Gerade während und nach der Corona-Pandemie wurde das Arbeitsleben stark von Homeoffice und mobilem Arbeiten geprägt. Trotzdem gaben 37,9 Prozent an, keine Erfahrungen damit zu haben. Die Befragten mit Erfahrung im Homeoffice und mit mobilem Arbeiten bewerteten diese mit 65,2 Prozent weit überwiegend positiv. Dagegen stehen 14,8 Prozent, die diese Form der Arbeit auf Basis ihrer Erfahrung negativ bewerten.

Gerade mit Kindern stellen Homeoffice und mobiles Arbeiten eine besondere Herausforderung dar. Aus den individuellen Rückmeldungen wurde deutlich, dass Homeoffice und Kinderbetreuung zeitgleich nicht möglich sind.

Generell stellt die Abgrenzung von Berufs- und Privatleben ein Problem dar. Darüber hinaus wird Homeoffice und Kinderbetreuung vielfach als Doppelbelastung wahrgenommen.

  Am Arbeitsplatz  Im Privatleben  Im Verhältnis von Arbeit und Privatleben
Positiv 253  I  46,1% 190  I  34,6% 162  I  29,5%
Neutral 164  I  29,9% 220  I  40,1% 256  I  46,6%
Negativ 104  I  18,9% 128  I  23,3% 87  I  15,9%

Im Umgang mit Homeoffice und mobilem Arbeiten stellt die Technik Politik, Arbeitgeber und Arbeitnehmer vor große Herausforderungen. Dies wird aus der Widersprüchlichkeit der Forderungen der Befragten deutlich:

„Es muss klare Regeln, Zeiten und Grenzen geben.“

„Begrenzung der wöchentlichen Arbeitszeit auf ein Limit von 40 Stunden - Zeiteinteilung frei! 10 Stunden Ruhe zwischen den Diensten, wie für den Schichtdienst seinerzeit sinnvoll eingeführt, empfinden viele im Freundeskreis, gerade Alleinerziehende, hier kontraproduktiv.“

„Wenn Arbeitskollegen um 23:00 Uhr noch E-Mails schicken, finde ich Homeoffice sehr negativ.“ (Fragebogen 35)

„Ich werde wütende, wenn es heißt, dass sich so Familie und Arbeit gut vereinbaren lassen. Nein! Es vermischt sich nur mehr.“ (Fragebogen 555)

Fachkräftemangel führt zu Stress
Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeitnehmerumfrage lag auf den gegenwärtigen Auswirkungen des Fachkräftemangels. 72,7 Prozent der Befragten nehmen einen Fachkräftemangel wahr. Bei mehr als 40 Prozent führt dies zu Stress (43,0%), Verdichtung der Arbeit innerhalb der vertraglichen Regelarbeitszeit (41,7%) und darüber hinaus zu Mehrarbeit und Überstunden (40,6%). Ein weiterer Aspekt ist die Verschlechterung des Arbeitsklimas (34,8%) und die Zunahme an Krankheitstagen (23,1%). Lediglich 12,0 Prozent sehen keine Auswirkungen für sich persönlich.

„Die Ergebnisse unserer Umfrage im Bereich Fachkräftemangel sind brisant“, stellt Klaus Öttinger fest. „Immerhin ist festzustellen, dass die Generation der Babyboomer erst ab 2025 in Rente gehen wird. Deshalb wird sich das Problem des Fachkräftemangels in den nächsten Jahren weiter verschärfen.

Reicht dir Rente für das Alter?
Die Altersvorsorge der Befragten sieht wie folgt aus: Gesetzliche Rentenversicherung (90,0%), Betriebliche Altersvorsorge (57,6%). Staatlich geförderte private Altersvorsorge über Riester-Rente (54,6%) und über Rürup-Rente (2,9%). Sonstige private Altersvorsorge (61,8%).

Nur 36,6 Prozent konnten die Frage nach einer ausreichenden Altersvorsorge mit „Ja“ beantworten. Erschreckend ist, das knapp ein Drittel davon ausgeht, das ihre Altersvorsorge nicht ausreicht (28,6%) ist und ein Drittel es nicht weiß (34,1%). In der Folge leben knapp zwei Drittel in Unsicherheit mit Blick auf ihre Altersvorsorge. „Wir fordern die Politik deshalb auf, endlich an der Ausarbeitung eines nachhaltigen und zukunftsfähigen Rentenmodells zu arbeiten“, macht Öttinger klar.

Was passiert mit den Ergebnissen?
Die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung hat aus der Umfrage zahlreiche Forderungen abgeleitet. Diese sind unter anderem:

• Es können nicht alle in ihrem erlernten Beruf bis zur Rente arbeiten. Dies führt bisher zu Rentenkürzungen. Daher fordern wir eine Präventivberatung für Arbeitnehmerinnen, besonders in körperlich und mental belastenden Berufen. Hierbei soll geklärt werden, in welchem Umfang und in welchem Tätigkeitsbereich ältere Arbeitnehmerinnen eingesetzt werden wollen und können.
• Nach der Bestimmungen der Rentenhöhe ist die Frage zu klären ob die Rente auch für den Lebensunterhalt auskömmlich ist. Hier bedarf es flankierender Lösungen und dauerhafter Modelle für ein gutes und auskömmliches Leben im Alter. Eine ständige Diskussion über eine mangelnde oder ausreichende Altersversorgung verunsichert die Bürger*innen nur.
• Durch die prekäre Situation in den Pflegeberufen und dem damit verbundenen Fachkräftemangel, speziell der Altenpflege, ergibt sich in Zukunft eine zusätzliche Problematik, wenn alte Menschen wieder vermehrt zuhause gepflegt werden müssen. Dies wird zu einem weiteren Hemmnis für die Gleichstellung der Frau und ist teilweise von der Entwicklung erkennbar. Frauen leisten den Großteil der Care Arbeit und tragen daher den großen Teil der Lasten und Nachteile. Um die Gleichstellung der Frauen in der Arbeitswelt zu erreichen erfordert es ein grundsätzliches Umdenken in Gesellschaft und Politik.
• Generell soll endlich auch in in Bayern Bildungsurlaub für Arbeitnehmer*innen eingeführt werden.

Die Ergebnisse der Befragung und die daraus abgeleiteten Forderungen werden in den nächsten Wochen Politikerinnen und Politikern in den demokratischen Parteien vorgestellt, um die Arbeitsbedingungen der Menschen konkret zu verbessern.

Ansprechpartner:
Klaus Öttinger
stellv. Diözesanvorsitzender Zielgruppe Arbeitnehmer*innen

Alexander Kolbow
geschäftsführender Diözesansekretär

 Teil 1 Praesentation Arbeitnehmerumfrage.pdf

Teil 2 Beurteilung der Umfrage.pdf

Teil 3 Resümee und Forderungen.pdf

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