Die kreative Demokratie
Es könnte ein „Fest der Demokratie“ werden: Jugendliche spielen „Wahrheit oder Lüge“, um den Wert der qualifizierten Presse zu entdecken. Eltern und Kinder prüfen ihre Arbeitsteilung zuhause und überraschen sich mit den unterschiedlichen Sichtweisen. Spannende Fälle aus der aktuellen Rechtssprechung werden mit „Wie würden Sie entscheiden“ genauer untersucht.
An Speisen, Traditionen und Geschichten werden die Kulturen der Welt erkundet. Kinder suchen sich ein Reiseziel aus den Herkunftsländern der örtlichen Einwohnerschaft und entdecken dabei, wie anders die Lebensbedingungen an anderen Orten der Welt sind. In einem Fußballspiel werden unterschiedliche Konzepte von Regeln live erlebt. So oder so ähnlich und mit noch viel mehr Ideen kann mit einfachen und kleinen Aktionsständen der Wert der Demokratie bei jedem Vereinsfest erkundet werden. Es sind Ideen, wie sie am 26. April mit dem „Tag der Demokratie“ im Landkreis Miltenberg von den 30 Teilnehmenden entwickelt wurden.
Qualifizierte Informationen zum demokratischen Zusammenleben
Zuvor haben sich beteiligten Bürgerinnen und Bürger mit harten Fakten zu politischen Streitfragen informiert. Mit Expertinnen aus der Region wurden Halbwahrheiten und Verschwörungsgeschichten zu den aktuellen Konfliktfeldern Bürgergeld, Migration, Gender und Klimawandel untersucht. Zum Beispiel:
„Wir in Deutschland können doch nicht alle Flüchtlinge aufnehmen“ … richtig ist:
Asylanträge in Deutschland 2023: 329.035 … 2024: 229.751 … Die meisten Erstanträge wurden in den Großen EU-Staaten Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien gestellt; bezogen auf die Bevölkerung war die Zahl in Zypern, Österreich und Griechenland am höchsten. Die meisten Menschen werden innerhalb der Krisenländer oder in den Nachbarländern aufgenommen. (Quelle: Wolfgang Härtel, Caritas Kreis Miltenberg)
„Gendern diskriminiert Männer“ … richtig ist:
Alle qualifizierten Analysen zeigen, dass die gelebte Gleichstellung der Geschlechter nicht gegeben ist. Dabei tragen Frauen* die größten Nachteile: Sie übernehmen mehr Verantwortung für die Familie, sie haben ein geringeres Einkommen bei gleicher Arbeit, sie sind weniger im Blick bei der Entwicklung von Technologien, etc. Eine Förderung von Frauen* unterstützt, dass in allen Bereichen Gleichheit (und nicht Vorteil) herrscht. Der Einbezug aller Geschlechter in unserer Sprache ist dafür ein Baustein, um andere Geschlechter als nur das männliche sichtbar zu machen. (Karen Wrigley-Simon, Landratsamt Miltenberg)
„Bürgergeldempfänger haben mehr Geld als Mindestlohnempfänger“ … richtig ist:
Selbst beim Mindestlohn hat ein Mensch mehr Geld als ohne Arbeit. Es besteht ein deutlicher Unterschied zwischen Mindestlohn und Sozialleistungsbezug. Allerdings kann man mit dem Mindestlohn keine große Familie ernähren – hier wird durch das Bürgergeld aufgestockt. Das Erwerbseinkommen wird bis zu 30 % angerechnet und auch Fahrtkosten können abgesetzt werden. Das Kindergeld wird als Einkommen bei dem jeweiligen Kind angerechnet. (Barbara Behrens-Unkelbach, Caritas Kreis Miltenberg)
„Ausbau der Windkraft gefährdet Versorgungssicherheit“ … richtig ist:
Auch mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien Wind und Solar liegt Deutschland in der Spitzengruppe der Stabilitätsländer in Sachen Stromversorgung. Der weitere Ausbau der Kapazitäten wird begleitet vom Ausbau des Netzes und dessen Steuerung. Hinzu kommen die Notkapazitäten durch Gaskraftwerke. Damit lässt sich der Ausbau gut und stabil weiter voran bringen. (Karlheinz Paulus, Main-Energie)
Bausteine für ein „Fest der Demokratie“
Nach diesem informativen Teil ging es in die fantasievolle Entwicklung von Aktionsbausteinen zur Förderung der demokratischen Orientierung. Ziel ist, dass auf Vereinsfesten, in der Schule, auf dem Marktplatz oder an Aktionsständen die Bürger auf spielerische Weise die Werte unserer pluralen Demokratie erfahren können. Alle Ideen werden ausgearbeitet und mit Anleitung sowie notwendigen Materialien bereitgestellt. Jedes Element hat eine Verweildauer von 1,5 bis 15 Minuten. Die Kommunen und Vereinsringe werden über die Verfügbarkeit informiert, sobald das Material zur Verfügung steht. Schon zum Abschluss meldeten sich einige Bürgerinnen und Bürger mit ersten Ideen, wann und wo ein „Fest der Demokratie“ im Landkreis Miltenberg stattfinden könnte. Wir dürfen uns darauf freuen.